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Hier finden Sie Informationen zu den ehemaligen jüdischen Bürgern aus Dielingen.

Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis
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Stemwede im Nationalsozialismus

Die Dielinger Juden

In Dielingen gab es seit jeher nur wenige jüdische Mitbürger. Zu ihnen gehörten z. B. Henriette Weidenbaum, eine Witwe, sowie die Familie Coblenzer, die seit über hundert Jahren hier zu Hause war und ein kleines Geschäft führte.

Die Dielinger Juden hielten sich meist zur Synagoge in Lemförde, da die Entfernung geringer war als nach Levern. In den 1930er Jahren änderte sich die Stimmung im Dorf. Mündlich überliefert ist auch hier, dass jüdischen Nachbarn hasserfüllte Äußerungen wie „Juda, verrecke!“ entgegengeschleudert wurden. Andererseits sind auch intensive und fürsorgliche Nachbarschaftsbeziehungen während dieser Zeit bekannt.

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Historie
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Stemwede im Nationalsozialismus

Liebe gute Nachbarn

Im Folgenden finden sie das Transscript eines Briefes des Juden Walter Coblenzer an seine ehemaligen Dielinger Nachbarn.

Liebe gute Nachbarn!

Es ist mir schon lange ein Herzensbedürfnis, mich nach Eurem Wohlbefinden zu erkundigen. Ich hoffe, daß es Euch gesundheitlich gut geht u. das Ihr vor allem auch wißt, ob Willi [der im Krieg kämpfende Sohn] noch wohlauf ist? War er kürzlich auch im Ernteurlaub zu Hause? Es war zur Erntezeit dort auch gewiß immer so schlechtes Wetter? Immer Regen, sodaß das Getreide zum größten Teil zum Auswachsen kam u. die Bauern ganz verzweifelt waren. Dafür war nun aber die Kartoffelernte desto besser. Auch die Erträge sind hier zufriedenstellend. Vorwiegend werden Flava angebaut. Die Runkelernte ist ebenfalls in vollem Gange. Mit Riesenschritten gehen wir wieder dem Jahresende entgegen. Es ist gut, daß wir Alle noch nichts wissen, was uns 1942 bringen wird. Vor allem, daß das furchtbare Völkerringen bald ein ewiges Ende haben möge.

Wir, als Juden leiden unsagbar darunter. Die Maßnahmen, die in der letzten Zeit ergriffen wurden, bedrücken einen mehr denn sonst. Jeder ist als „Jude“ mit einem gelben Stern gekennzeichnet u. darf nur den Ort mit polizeilicher Erlaubnis verlassen. Zur Arbeitsstelle gibt’s einen Dauerausweis. In der Großstadt ist all dieses noch nicht so schlimm, wie am kleinen Platz (…)

Sonst gibt’s von hier wenig zu berichten, aber ich freue mich immer sehr, wenn ich aus der alten Heimat u. besonders von Euch einen ausführlichen und vor allem auch zufriedenen Brief erhalte. An auswandern brauch[t] man jetzt garnicht zu denken u. darf auch nicht ganz den Mut darüber verlieren; denn wenn die Hoffnung nicht mehr wäre, so ist alles vorbei. Nun genug und Euch weiter alles Gute wünschend, verbleibe ich mit den besten Grüßen

Euer Walter

Walter wurde am 13. Dezember 1941 ins Ghetto Riga/Lettland deportiert und kam dort im März 1942 im Alter von 35 Jahren um.

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Liebe gute Nachbarn
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Stemwede im Nationalsozialismus

Schicksale

Jenny Gärtner, geb Goldschmidt

Jenny Gärtner wurde am 9.4.1882 in Dielingen geboren. Sie wohnte vor dem Kriege in Barnstorf und in Bremen. Am 18.11.1941 wurde sie von Hamburg aus nach Minsk in Weißrussland deportiert und am 28.7.1942 ermordet.

Walter Uri Coblenzer

Walter Uri Coblenzer wurde am 13.3.1907 in Dielingen geboren. Er musste sein Elternhaus in Dielingen verkaufen und wohnte anschließend in Hausberge an der Porta (Minden) in einer jüdischen Unterkunft. Er arbeitete dort in einem Steinbruch. Er wurde am 13.12.1941 nach Riga deportiert und dort am 26.3.1942 ermordet.

Greta Salomon, geb. Coblenzer

Greta Salomon wurde am 11.4.1887 in Dielingen geboren. Sie lebte mit ihren Mann Siegfried in Dortmund, von wo aus sie am 29.7.1942 nach Theresienstadt in Tschechien deportiert wurde. Dort wurde sie vermutlich am 18.1.1943 ermordet.

Henrietta Jette Weidenbaum, geb. Sauer

Henriette Weidenbaum wurde am 21.6.1864 in Dielingen geboren. Als Witwe musste sie mehrfach die Wohnung wechseln und letztlich in ein jüdisches Altenheim in Unna umziehen. Von Dortmund aus wurde sie am 29.7.1942 nach Theresienstadt (Tschechien) deportiert. Am 23.9.1942 wurde sie nach Treblinka in Polen gebracht, wo sie ermordet wurde.

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Schicksale